Seite wählen

Nahezu voll belegt war der Große Sitzungsaal im Stuttgarter Rathaus zur Veranstaltung „Unternehmer von heute – nachhaltig fit für morgen: Zukunftsinvestition Gemeinwohl“ am 16.06.2016. Die Wirtschaftsförderung Stuttgart hatte insbesondere Unternehmer aus kleinen und mittelständischen Firmen (KMU) eingeladen und stellte u.a. die EU-Richtlinie 2014/95/EU vor, die ab Dezember 2016 in nationales Recht überführt wird.

Die Richtlinie gilt ab dem Geschäftsjahr 2017 und betrifft die sogenannten „nichtfinanziellen Informationen“ in der Berichterstattung von Unternehmen ab 500 Mitarbeitern. Diese Angaben umfassen die Bereiche Umwelt, Gesellschaft, Mitarbeiter, Menschenrechte, Korruptionsbekämpfung und Vielfalt in Führungsgremien. Mit dieser Richtlinie wird die Freiwilligkeit von CSR (Corporate Social Responsibility) kräftig beschränkt, da im weiteren Verlauf der nationalen Umsetzung auch Sanktionen möglich werden.

Unternehmen stärker in der Pflicht

Eine längst überfällige Maßnahme, möchte man annehmen, denn die bisherige Freiwilligkeit des Themas CSR führte in der Vergangenheit vielfach zum sogenannten „Greenwashing“, d.h. CSR-Strategien dienten lediglich der externen Marketingkommunikation, veränderten aber nicht das Kerngeschäft der Unternehmen. Ein unangenehmer Nebeneffekt dieser Entwicklung war, dass die gute Idee von CSR verwässert wurde und Unternehmen, die intrinsisch eine nachhaltige Unternehmensphilosophie lebten, den Begriff CSR in ihrer Kommunikation sogar vermieden.

Hilfestellung zur Berichterstellung für KMU

Nachhaltigkeit und CSR wird in kleinen und mittleren Betrieben schon lange punktuell und mitunter auch strategisch umgesetzt. Obwohl die EU-Richtlinie zunächst nur große Betriebe adressiert, sind mit der Umsetzung jedoch auch KMU involviert, sofern sie Zulieferer großer Betriebe sind. In diesem Zusammenhang wird es wichtig, die eigenen Nachhaltigkeitsleistungen, CSR-Strategien und –leistungen systematisch zu dokumentieren. Um KMU einen leichten Einstieg in die Nachhaltigkeitsberichterstattung zu ermöglichen bot die Veranstaltung zwei Alternativen: den Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) und die Gemeinwohl-Bilanz (GWÖ). Diese beiden Instrumente binden deutlich weniger Personalressourcen als es eine Berichterstattung z.B. nach GRI-Standard (Global Reporting Initiative) erfordern würde.

Der Deutsche Nachhaltigkeitskodex (DNK)

Der Deutsche Nachhaltigkeitskodex ist sowohl für Neueinsteiger als auch für Fortgeschrittene in der Nachhaltigkeitsberichterstattung geeignet. Sein großer Vorteil liegt darin, dass er bereits von der EU-Kommission als geeigneter Berichtsstandard im Rahmen der EU-Berichtspflicht anerkannt ist. Der DNK umfasst 20 Nachhaltigkeitskriterien aufgeteilt auf 4 Bereiche (Strategie, Prozessmanagement, Umwelt, Gesellschaft) in denen Unternehmen ihre individuelle Nachhaltigkeitsleistung erheben und dokumentieren können. Die Dokumentation sieht als Indikatoren sowohl „comply“ (Erfüllung) sowie „explain“ (Abweichung) vor, so dass mit diesen Angaben auch sichtbar wird, welche Prioritäten bei der jeweiligen Nachhaltigkeitsmaßnahmen gesetzt werden. Ergänzend zu den 20 Kriterien können Daten zu 28 GRI-Leistungsindikatoren berücksichtigt und erhoben werden.

Die Gemeinwohl-Bilanz (GWÖ)

Die Gemeinwohl-Bilanz ist der Kern der Gemeinwohlökonomie-Community. Betriebswirtschaftliches Ziel der GWÖ ist, dass Finanzgewinne das Gemeinwohl mehren. Unternehmen streben also in diesem Verständnis nicht  nach Gewinnmaximierung, sondern arbeiten, wie der Name schon sagt, gemeinwohlorientiert. Obwohl der Einstieg in die Gemeinwohlökonomie durchaus niederschwellig genannt werden kann, erfordert sie jedoch eine menschliche Grundhaltung, die tief im nachhaltigen Denken verwurzelt ist. Daher ist die Umsetzung der Gemeinwohl-Bilanz m. E. eher für Unternehmen, geeignet, die bereits eine langfristige Nachhaltigkeitsstrategie fahren, die fest im Kerngeschäft verankert ist.

Die Gemeinwohl-Bilanz wird in einer Matrix erfasst und setzt sich aus 17 Indikatoren zusammen, die auf fünf Werte (Menschenwürde, Solidarität, ökologische Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit, demokratische Mitbestimmung & Transparenz) aufgeteilt werden. Jeder Indikator beinhaltet einen bis vier Subindikatoren, die wiederum drei Relevanzstufen (niedrig, mittel, hoch) haben.

Sicherlich geht die Gemeinwohl-Bilanz deutlich über die reine Nachhaltigkeitsberichterstattung hinaus, kostet Personalressourcen, die in KMU oft rar sind und erfordert ein Umdenken in vielen unternehmerischen Bereichen. Dennoch kann sich die Auseinandersetzung damit langfristig lohnen. Sorgen doch die Kriterien für viel Gesprächsstoff und können sowohl auf Führungs- wie auf Mitarbeiterebene Themen hervorbringen, die bei der reinen Datenerhebung nicht ans Licht kommen. Die ausführliche und ehrliche Betrachtung dieser Themen kann für eine zukunftsfähige Unternehmensentwicklung nur sinnvoll und förderlich sein.

Beide Instrumente – der Deutsche Nachhaltigkeitskodex wie die Gemeinwohl-Bilanz – sind sowohl zur Messung der individuellen Nachhaltigkeitsleistung als auch zur internen wie externen Kommunikation gut für größere mittelständische Unternehmen und KMU geeignet.

 

Herzliche Grüße
Daniela

 

Zum Weiterlesen:
http://www.deutscher-nachhaltigkeitskodex.de/fileadmin/user_upload/dnk/DNK_Kurzvorstellung.pdf
http://www.christian-felber.at/schaetze/gemeinwohl.pdf

 

Bildquelle: Pixabay